DNV-Präsident Hermann Graser eröffnete die Zweitagesveranstaltung und freute sich über die beachtliche Resonanz nach den schwierigen Coronajahren. „Das Angebot von Präsenz und Online-Übertragung des Seminars bestätigt, dass die Verbandskommunikation auch auf der digitalen Ebene funktioniere“, bekräftigte er.
Jens Hellberg, Geschäftsführer bei der MPI Materialprüfung und Entwicklung, folgte mit seinen Ausführungen zum Thema „Prüfung der rutschhemmenden Eigenschaften nach DIN EN 16165“.Stolpern, Stürzen und Ausrutschen zählen zu den häufigsten Unfallursachen in deutschen aber auch in europäischen Betrieben. Daher wurden die bisherigen Prüfnormen in eine neue EN-Norm (DIN EN 16165:2023-02) zur Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaften von Fußböden in Arbeitsstätten zusammengefasst.
Ziel bei der Erstellung der Norm war in Europa gebräuchliche Prüfverfahren zu vereinheitlichen und die Vielzahl der Regelungen auf vier Prüfverfahren zu reduzieren. Dabei stehen lediglich die Messmethoden des Rutschwiderstandes und der Prüfungsablauf im Fokus. Die bisherigen deutschen Prüfverfahren wurden in der Erarbeitung der Norm DIN EN 16165 als Grundlage verwendet, so dass die bisherigen Regelungen unverändert weiter gelten.
Danach sprach Dr. Thomas Hoyer vom Frauenhofer Institut über Oberflächenschutzsystem für Bodenbeläge im Außenbereich. Er stellte die bereits am Markt eingeführte Schutzbeschichtung für Terrazzofußböden vor. Da unbeschichtete Terrazzooberflächen „fleckempfindlich“ und matt sind, können diese mit dem Oberflächenschutzsystem glänzen und haben eine erhöhte Farbintensität. Zudem wird die Oberfläche rutschsicher, hygienisch und pflegeleicht sowie säure- und laugenwiderstandserhöhend. Die Oberfläche bleibt dabei diffusionsoffen, sodass Wasser aus Verlegemörtel verdunsten kann. Dieses Oberflächenschutzsystem wurde nun hinsichtlich der Anwendung auf Kalksteinen weiter optimiert.
Johannes Albert von Akemi erklärte praxisnah warum Oberflächenschutzsysteme für Natursteine im Außenbereich sinnvoll sind. In einem unbehandelten Naturstein können Fleckbildner tief eindringen und lassen sich nur mühsam rückstandlos entfernen. Er stellte verschiedene Schutzwirkungen und Anwendungsbeispiele anhand von Videomitschnitten vor wie z.B. Imprägnierungen mit wasserabweisenden Eigenschaften für Fassaden oder auch wasser- und ölabweisender Funktionen für Essbereiche und Küchen oder mit farbtonvertiefender Wirkung z.B. für Küchenarbeitsplatten.
DNV-Geschäftsführer Reiner Krug referierte über Bodenkonstruktionen für Terrassen und Balkone. Er verwies auf die Bautechnische Information BTI 1.4, in der die wesentlichen Anforderungen und Konstruktionsregeln von Balkon und Terrassenbeläge aus Naturwerkstein enthalten sind. Die BTI 1.4 gilt für Balkon- und Terrassenbeläge mit den üblichen Verkehrsbelastungen von max. 4 kN/m² (bzw. 2 kN Einzellast). Bei höheren Belastungen, insbesondere Einzellasten über 2 kN, sind besondere Bemessungen der Bodenkonstruktion erforderlich. Reiner Krug betonte, dass bei Pflaster- und Plattendecken im Freien die Oberflächenbeschaffenheit trittsicher sein muss z. B. geflammt, gestockt, jetgestrahlt oder sandgestrahlt. Für Rampen bzw. Flächen mit starkem Gefälle in öffentlichen Bereichen ist der Richtwert R 12 einzuhalten.
Dr. Prof. Siegfried Siegesmund stellte seine Untersuchungsergebnisse über Radioaktivität von Naturstein in Aufenthaltsräumen vor. Natürliche Bausteine müssen nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren analysiert werden, um nachzuweisen, dass ihre natürliche Radioaktivität unter dem von der Europäischen Kommission angegebenen Aktivitätsindex liegt. Dies gilt nur für Räume innerhalb von Gebäuden oder Wohnungen, die von Menschen über längere Zeiträume genutzt werden. Es sind Messungen vorgeschrieben, um zu überprüfen, ob der Referenzwert von 1 Millisievert pro Jahr durch Radionuklide in den jeweiligen Baustoffen überschritten werden kann. Für die Untersuchung wurden insgesamt 82 Natursteine aus der ganzen Welt ausgesucht, wie z.B. verschiedenste magmatische, metamorphische und sedimentäre Gesteine, die für die Innenwandverkleidungen oder Bodenbeläge verwendet werden. Einige Natursteine, insbesondere magmatische Gesteine, überschreiten den allgemeinen Indexwert von 1 Millisievert. Bei einer Verwendung als Boden-, Wand- oder Deckenbelag mit Plattendicken von max. 30 mm sind alle Naturwerkstein unbedenklich und unterschreiten den Indexwert von 1.
Heinz-Dieter Altmann schloss den ersten Seminartag zum Thema „Neuausgabe DIN 18560-2 Estriche und Heizestriche auf Dämmschichten (schwimmende Estriche)“. Die Normung ist wesentlich umfangreicher geworden. „Die Planer sollten sich intensiv mit dem Inhalt befassen, weil in der Estrichnorm traditionell die Verantwortlichkeiten explizit benannt werden. Interessant wird in der Praxis sein, wie sich die Aufnahme der Schwindklassen in die Norm bewähren wird, denn gerade für die Verlegung von „harten“ Belägen sind wegen des Verformungsverhaltens von Zementestrichen nach der Belagverlegung schwindarme Estriche zu bevorzugen. Die Frage ist aber am Ende immer wieder, ob die schwindarmen Estriche aus ternären Bindemitteln, die natürlich kostenintensiver sind, auf dem Altar des „Geiz ist Geil“ auf der Strecke bleiben oder sich die Qualitätssicherheit durchsetzen wird“, ergänzte er skeptisch. Zu beachten ist, dass die angegeben Estrichdicken nur für ruhende Lasten gelten, bei befahrenen Belägen sind die Estrichdicken gesondert zu bemessen.
Natürlich gab es anschließend bei einem gemeinsamen Abendessen auch ausreichend Gelegenheit zum Meinungsaustausch und zum geselligen Beisammensein.
Reiner Krug machte den Anfang am zweiten Seminartag und stellte die Neuerscheinung der BTI 1.3 Massivstufen und Treppenbeläge, außen (2022) vor. Er betonte dabei, dass die maximale Treppensteigung, der kleinste Treppenauftritt und der Grenzwert für das Funktionsgefälle in jedem Fall eingehalten werden müssen, d.h. es sind keine Toleranzen erlaubt. Bei der öffentlichen Hand ist außerdem ein zunehmender Trend festzustellen, dass der Zugang zu öffentlichen Gebäuden barrierefrei sein soll, dies muss jedoch gesondert vereinbart werden. Treppen müssen anhand von Detailzeichnungen geplant werden, wie auch die Oberflächenflächenbearbeitung der Stufen. Der Untergrund muss weiterhin alle konstruktiven Anforderungen erfüllen. Für Treppen, bei denen eine Entwässerung erforderlich ist, muss ein Funktionsgefälle ausgebildet werden. Das Funktionsgefälle darf den Grenzwert von 3 % nicht überschreiten
Anschließend stellte Marcus Winkler von Mapei das überarbeitete Merkblatt „Abdichtungen im Verbund“ vor und ging insbesondere auf bodengleiche Duschen mit Entwässerungsrinnen ein. Die Festlegung der Wassereinwirkungsklasse ist eine Planungsleistung. Der Planer legt in Abstimmung mit dem Bauherrn die geplante Nutzung des Raumes oder der Einzelflächen fest und bestimmt darauf aufbauend die Wassereinwirkungsklasse. Alle Flächen, welche nutzungsbedingt, d.h. planmäßig mit Wasser belastet werden, sind abzudichten. Aus der Wassereinwirkungsklasse ergeben sich die Anforderungen an die Untergründe sowie die geeigneten Abdichtungsverfahren und -werkstoffe. Wasserführende Ebenen sollten zudem ein ausreichendes Gefälle von 1 bis 2,5% aufweisen.
Zum Schluss ging Reiner Krug auf die Richtlinie Pflaster- und Plattendecken für befahrene und begangene Flächen inungebundener und gebundener Ausführung (Ausgabe 2022) ein, die derzeit in Überarbeitung ist. Hierin werden die Anforderungen an gebundene und ungebundene Pflaster- und Plattendecken im Außenbereich beschrieben.
Weiterhin stellte er die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen (ZTV) Wegebau der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL) vor, die Ende Januar neu erschienen ist. Die Vorgängerversion bildet die Grundlage für die DIN 18318 VOB - Pflasterdecken und Plattenbeläge, Einfassungen.
Kontaktdaten für weitere Informationen:
Deutscher Naturwerkstein-Verband e.V. (DNV)
Geschäftsführer Reiner Krug
Sanderstraße 4
97070 Würzburg
Tel.: 0931 / 120 61
info@natursteinverband.de
www.natursteinverband.de